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Poggio Antico

Poggio Antico

Weshalb Namen von Weingütern manchmal irreführend sind, Geld auch in Montalcino Tore schießt und wie sich eine Bankierstochter im konservativen Brunello-Gebiet mächtig Respekt verschaffte.

 

Poggio Antico – eine Art Newcomer in Montalcino

Der Name Poggio Antico klingt, als hätten hier schon die Römer Wein produziert und genossen, ein geschichtsträchtiger Ort mit einer Jahrtausenden alten Geschichte. Doch im Gegenteil, Poggio Antico stellte erst Ende der 1970er-Jahre Wein her – der übrigens, wenn man den Zeitzeugen glauben darf, nur bedingt genießbar war. Alles in allem war Poggio Antico ein verschlafenes Landgut, weit davon entfernt, auf der Landkarte der großen Toskana-Weine eine ernsthafte Rolle zu spielen. Doch die Zeiten sollten sich ändern: Am 1. Juli 1980 wurde das Brunello-Gebiet als erstes Weinbaugebiet Italiens in den Rang einer DOCG – Denominazione di Origine Controllata e Garantita – erhoben. Damit öffnete sich dem Brunello di Montalcino ein enormes Wachstumspotenzial, welches auch dem instinktsicheren Bankier Giancarlo Gloder aus Mailand nicht verborgen blieb. Er erwarb das Gut mit seinen 200 Hektar Land, um daraus eines der besten Weingüter Montalcinos zu formen. 

Paola Gloder – Bankierstochter von Haus, Winzerin aus Leidenschaft

Es fällt schwer, sich einen Finanz-Tycoon wie Giancarlo Gloder in den Weinbergen vorzustellen, umso mehr, da diese in größeren Teilen auch noch neu angelegt werden mussten. Das sah wohl auch der neue Besitzer so und übertrug die Verantwortung für den Aufbau von Poggio Antico an eine enge Vertraute. Drei Jahre nach dem väterlichen Kauf übernahm Tochter Paola Gloder 1987 die Leitung von Poggio Antico, um fortan eine viel beachtete Erfolgsgeschichte zu schreiben. Ihr standen kaum Altlasten im Weg – sie nahm viel Geld in die Hand, ließ neue Weinberge anlegen und einen modernen Weinkeller bauen, in der schon bald Brunello-Weine von internationalem Ruf entstehen sollten. 1997 kam ihr Mann Alberto Montefiori, ebenfalls aus Mailand, hinzu. Das Dream-Team, das in den folgenden Jahren für so viele herausragende Brunello-Jahrgänge verantwortlich zeichnen sollte, war damit perfekt. Als eine der ganz wenigen Frauen in der Brunello-Szene war es Paola Gloder gelungen, sich weithin Respekt und Anerkennung zu verschaffen. 

Poggio Antico: Inhaberwechsel und biologischer Weinbau

2017 verkauft Paola Gloder Poggio Antico an den Investor AtlasInvest, eine belgische Familienholding im Besitz von Marcel van Poecke. Und wieder ist es ein Besitzerwechsel, der Innovationen auslöst: Mit der Übernahme stellt das Weingut auf biologischen Weinbau um. Pier Giuseppe D'Alessandro wird technischer Leiter, der junge Önologe Alessio Sostegni ist nun für die Weinbereitung in den höchstgelegenen Weinbergen von Montalcino verantwortlich. 

Die Lagen von Poggio Antico: Running up that hill, bis auf 480 Meter. 

Das Weingut Poggio Antico erreicht man über eine Landstraße, die von Montalcino nach Süden führt. Inmitten eines Waldgebietes liegt das Weingut hier wie ein Solitär in der Landschaft, auf einer Art Felsvorsprung, mit einem unglaublichen Blick über die nach Westen abfallende Landschaft. Die Weinberge erreichen hier eine Höhe von bis zu 480 Metern und sind damit die höchsten von Montalcino. Die sorgfältige Anlage der Weinberge seit den 1980er-Jahren und die Tatsache, dass hier fast ständig ein leichter Wind vom Meer her weht, sorgen für außergewöhnlich gesunde Reben – und damit für eine gleichbleibend hohe Qualität der Weine von Poggio Antico. Das Weingut ist in die drei Bereiche I Poggi, Madre und Le Martine unterteilt, insgesamt sind 35 Hektar mit Reben bepflanzt. Die Böden bestehen hier aus Galestro, einer Mischung aus Kalk und blauem Schiefer, und Alberese, einem steinigen Boden, der reich an Kalziumkarbonat und Ton ist. Diese nahezu ideale Kombination verleiht dem Sangiovese eine einzigartige Komplexität und Langlebigkeit.

Sangiovese, Sangiovese – und ein wenig Cabernet Sauvignon

Die 35 Hektar Rebfläche sind fast ausschließlich mit Brunello, einer Spielart des Sangiovese, bepflanzt. Diese Rebsorte ist die einzige, die für die Herstellung des Brunello di Montalcino zulässig ist. Sangiovese ist die typische Rotweinsorte der Toskana, ein fruchtiger und würziger Wein, der in seiner Jugend einen leichten Veilchenduft verströmt. Der Brunello di Montalcino hingegen wird nie jung getrunken. Erst fünf Jahre nach der Ernte darf er verkauft werden, davon muss er mindestens zwei Jahre in Holzfässern reifen. Neben dem Sangiovese gibt es auf Poggio Antico noch einige Hektar Cabernet Sauvignon, aus dem der „Madre“, ein Supertoskaner, im Verbund mit 50 % Sangiovese hergestellt wird. 

Im Keller von Poggio Antico – es wird an nichts gespart

Bei Poggio Antico werden die Weine je nach Bodenbeschaffenheit getrennt vinifiziert und ausgebaut. Erst nach der Bewertung der einzelnen Fässer werden die Grundweine zu einer Cuvée zusammengeführt. Dies geschieht bei Poggio Antico in großen Fässern aus slawonischer Eiche. Sie geben nur wenig Holzaroma an den Wein ab, sodass dieser seinen unverfälschten Geschmack entfalten kann. In den kleineren Barriques aus französischer Eiche reift der IGT, der einfache Landwein, der bei Poggio Antico natürlich alles andere als einfach daherkommt.

Die Weine von Poggio Antico

Poggio Antico vinifiziert fast ausschließlich Sangiovese. Neben dem klassischen Brunello di Montalcino hat das Weingut mit dem „Altero Brunello di Montalcino“ einen Brunello kreiert, der früher aus dem Fass genommen wird und damit noch feiner und klarer ausfällt. An der Spitze steht sicherlich der „Riserva Brunello di Montalcino“, der sechs Jahre reift. Die Cuvées „Madre“ und „Lemartine“ komplettieren gemeinsam mit einem Rosé – natürlich aus Sangiovese-Trauben – und dem Landwein „Poggio Antico Rosso die Montalcino“ das Portfolio von Poggio Antico.